Die Kaiserin auf der Leinwand
Kaiserin Elisabeth im Film
Elisabeth ist in!
Man spricht von ihr seit über hundert Jahr'n
Doch wie sie wirklich war
Das werdet Ihr aus keinem Buch und keinem Film erfahr'n!
(Luigi Lucheni im Musical „Elisabeth“)
Die Lebensgeschichten berühmter Monarchinnen sind seit jeher ein beliebtes Thema für Filmemacher. Gibt man einmal Namen wie Elizabeth I von England, Marie Antoinette, Kleopatra, Queen Victoria oder Katharina die Große in die entsprechenden Filmdatenbanken im Internet ein, so zeigt sich, dass seit dem Bestehen des Mediums Film (womit hier sowohl Kino wie auch Fernsehen gemeint ist) immer wieder in den unterschiedlichsten Ländern Filmbiographien über diese Frauen gedreht worden sind. Unter den Monarchinnen aus dem deutschen Sprachraum (ignoriert man jetzt einmal die Tatsache, dass Marie Antoinette eine gebürtige Österreicherin war und auch Katharina von Russland ursprünglich deutsche Wurzeln hatte) ist die Figur der Kaiserin Elisabeth von Österreich diejenige, die es auf die meisten Leinwandauftritte gebracht hat.
Den geographischen Schwerpunkt hierbei bilden naturgemäß Filme aus dem deutschen Sprachraum und Ungarn. Genremäßig ist von Liebesfilmen über Komödien, Satiren, Dramen, Musicals, Biographien und Doku-Spielen und Zeichentrickfilmen (z.B. die Zeichentrickserie „Prinzessin Sissi“ bzw. „Lissi und der wilde Kaiser“) so ziemlich alles vertreten.
Betrachtet man einmal alle Filmtitel ein wenig genauer, so lassen sich leicht vier verschiedene Arten von Filmen feststellen, in denen Elisabeth auftritt:
Klassische Biographien, in denen die Kaiserin die Hauptrolle innehat
Filmbiographien über König Ludwig II. von Bayern
Filme über die Tragödie von Mayerling
„K.u.K.-Filme“, in denen die Kaiserin eine Nebenrolle innehat
Exkurs: Dokumentationen und Doku-Spiele
Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Filmarten:
Biographien
Unter den hier besprochenen Titeln gibt es nur wenige, die Elisabeths Leben von der Kindheit (oder der Verlobung mit dem Kaiser) bis zu ihrer Ermordung in Genf behandeln. Die legendäre „Sissi“-Trilogie von Ernst Marischka endet zum Beispiel, ebenso wie die letzte aktuelle Elisabeth-Biographie „Sisi“ von 2009, um die Krönung zur Königin von Ungarn herum, also noch einmal gute 30 Jahre vor dem Tod der Kaiserin. Dies führt mitunter zu dem Irrglauben, die historische Elisabeth sei bereits in jungen Jahren verstorben, zumindest zeigen sich einige Leute nach wie vor irritiert, wenn sie erfahren, dass dem nicht so war. (Diese Feststellung beruht auf vollkommen unrepräsentativen Umfrageergebnissen im Freundes- und Bekanntenkreis der Autorin dieser Zeilen.)
Sowohl in den „Sissi“-Filmen wie auch in „Sisi“ liegt der Schwerpunkt der Handlung somit auf der ersten Lebenshälfte der Kaiserin, vor allem die Verlobung mit dem Kaiser, aber auch die Machtkämpfe mit der Schwiegermutter stehen im Mittelpunkt. Gezeigt wird hier vor allem eine junge Kaiserin, die sich ihre Rolle bei Hof erkämpfen muss und am Ende gegen alle Widerstände der kaiserlichen Kamarilla schließlich nicht nur als Königin von Ungarn, sondern auch als liebevolle Ehefrau und Mutter über alles „Böse“ triumphiert. Elisabeth ist die strahlende Märchenprinzessin an der Seite eines sie über alle Maße liebenden Göttergatten, die schließlich zum Abspann nicht nur als liebevolle Mutter ihrer Kinder, sondern auch als geliebte Landesmutter in die Geschichte eingeht – Feministinnen mögen nun darüber streiten, ob sie sich so nicht doch in das ihr vorgesetzte Rollenklischee fügt oder ob sie doch ihren eigenen, emanzipierten Weg geht.
Dadurch, dass sich die oben genannten Filme auf Elisabeths erste Lebenshälfte beschränken, verzichten sie auch auf die Darstellung der Tragödien in ihrem Leben, etwa den Selbstmord ihres Sohnes in Mayerling. Sie blenden aber auch einen Großteil ihrer mittleren Lebensjahre aus, wie zum Beispiel die Jagden in England oder Elisabeths Liebe zu Griechenland oder Heinrich Heine. Eine Kaiserin im Alter von 30-50 bekommt man in einer ausführlicheren Darstellung nur in Dokumentationen oder Doku-Spielen zu sehen. Da diese Filme als einzigen „Plot“ eh nur die Biographie Elisabeths beinhalten, im Vergleich zu Dramen oder Komödien also nicht zwingend eines dramatischen Unterbaus wie z.B. einer Liebesgeschichte bedürfen, können sich Filme wie „Elisabeth, Kaiserin von Österreich“ von 1972 intensiver mit Aspekten wie etwa Elisabeths Schönheitskult oder ihrer Reiseleidenschaft beschäftigen, als es in Spielfilmform möglich wäre. Eine reifere Kaiserin bekommt man in der Regel eher in Filmen über die Mayerling-Tragödie oder in Filmbiographien über König Ludwig II von Bayern zu sehen. Allerdings spielt Elisabeth in diesen Filmen eher eine Nebenrolle als Mutter des Kronprinzen beziehungsweise Seelenverwandte des Königs.
Selbst Filme, die das gesamte Leben der Kaiserin behandeln, klammern diese mittleren Lebensjahre meist aus. In „Elisabeth von Österreich“ von 1931 verlässt Elisabeth unmittelbar nach der Geburt des Kronprinzen Wien, um sich die nächsten 30 Jahre auf Reisen zu begeben und erst pünktlich zur Mayerlingtragödie wieder an den Hof zurückzukehren. In „Sissi, l'impératrice rebelle“ von 2004 nimmt Elisabeth ihr rastloses Reiseleben auch unmittelbar nach der Krönung zur Königin von Ungarn auf, bevor die Handlung ziemlich schnell den Weg nach Mayerling einschlägt. Woran mag dies liegen, dass immerhin zwei Jahrzehnte im Leben der Kaiserin in den Filmbiographien -soweit es sich um Spielfilme handelt- lediglich nur gestreift werden?
Betrachtet man die Biographie der Kaiserin einmal genauer, so wird man feststellen, dass es schlichtweg nichts (oder nicht viel) gibt, was eine abendfüllende Handlung zusammenhalten könnte. Elisabeth zieht sich nach der Krönung zur Königin von Ungarn, also nach dem Ende der „Sissi“-Zeit, immer mehr in ihr Privatleben zurück und verschwindet somit von der öffentlichen Bildfläche. Mit dem Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn glaubt sie, ihre politischen Aufgaben erfüllt zu haben. Der Bestand der Dynastie ist seit der Geburt des Kronprinzen zehn Jahre zuvor gesichert und die Schwiegermutter, die zudem stirbt, als Elisabeth 34 Jahre alt ist, kann ihr nun auch nicht mehr gefährlich werden. Dank des Ultimatums an Franz Josephs, in dem sie sich das alleinige Bestimmungsrecht über ihren Aufenthaltsort und ihre Umgebung zugesichert hat, ist sie weder an Wien noch an ihre Pflichten als Kaiserin gebunden. Sie ist frei, kann tun und lassen, was sie will und ist nunmehr eine, sofern ihr Stand es ihr zugesteht, weitgehend unabhängige und autonome Frau. Ergo zieht sie sich ausschließlich in ihr Privatleben zurück oder, um es in den Worten des Musicals „Elisabeth“ von Kunze/Levay auszudrücken: „Sie kauft Pferde. Sie lernt Griechisch. Schreibt Gedichte. Turnt und hungert.“ Doch abgesehen von einigen kleinen Episoden gibt es nichts, was sich zu einer Handlung in Spielfilmlänge ausbauen ließe, ohne die Geschichte nicht noch unrealistischer zu verdrehen, als es die „Sissi“-Filme mitunter getan haben.
Eine Ausnahme bildet hier ausgerechnet der erste Spielfilm, der sich mit dem Leben der Kaiserin beschäftigt, „Kaiserin Elisabeth von Österreich“ aus dem Jahre 1921. Die Drehbuchautorin Marie Gräfin Larisch, die einstige Lieblingsnichte der Kaiserin, bereichert die mittleren Lebensjahre um die Liebesirrungen und -wirrungen, die im Gefolge der schönen Königin von Ungarn auf deren Schloss Gödöllö ausbrechen. Gleich drei Männer buhlen hier um die Hand der Monarchin: der ungarische Graf Esterházy, der eindeutige Ähnlichkeiten zu Gyula Andrássy aufweist, Elisabeths schottischer Jagdpilot MacShane -in Anspielung auf Bay Middleton-, sowie der Geiger Feher aus der Hofkapelle der Kaiserin. Allen dreien bricht sie das Herz, doch während Feher lediglich den Dienst bei ihr quittiert, so fordert Esterházy MacShane zum Duell, das dieser nicht überleben wird.
In allen drei hier besprochenen Spielfilmen, die das gesamte Leben der Kaiserin behandeln („Kaiserin Elisabeth von Österreich“, 1921; „Elisabeth von Österreich“, 1931; „Sissi, l'impératrice rebelle“, 2004), stellt die Mayerling-Tragödie den dramatischen Höhepunkt dar. Sowohl in „Elisabeth von Österreich“ wie auch in „Sissi, l'impératrice rebelle“ spielt Elisabeth in dieser Episode ihres Lebens die Mutterrolle: Sie steht auf der Seite des Kronprinzen, versteht seine Situation und Ansichten, will nur das Beste für ihn, stößt jedoch beim Kaiser, als sie ihn zum Einlenken überreden will, nur auf Ablehnung oder wird nicht ernst genommen. Anders auch hier der Film von 1921: als Rudolf seiner Mutter seine Situation begreiflich machen will, wendet sich diese von ihm ab und verweist ihn an seinen Cousin Erzherzog Johann, die eigenen Reisevorbereitungen sind ihr wichtiger. Hier ist Elisabeth eher in der Rolle zu sehen, die sie auch in den anderen Filmen zum Thema Mayerling innehat. Zwar versteht sie die Sorgen und Nöte ihres Sohnes, aber wirklich interessieren tun sie sie nicht.
Nach der Mayerling-Tragödie führt die Handlung aller biographischen Filme über die Kaiserin schnell nach Genf, wo Elisabeth schließlich am Seeufer erstochen wird. Auch hier werden wieder einige Jahre in der Biographie der Kaiserin „überschlagen“, auch hier sind wieder die selben Gründe wie schon zuvor verantwortlich: es gibt nicht wirklich viel zu erzählen oder nichts, was sich im Rahmen einer Filmhandlung groß ausarbeiten ließe. Eine ausgemergelte, magersüchtige, depressive und todessehnsüchtige Monarchin, deren einstige Schönheit längst verblasst ist und die rast- und ruhelos durch Europa reist, eignet sich nur sehr bedingt als romantische Filmheldin.
Innerhalb der Elisabeth-Biographien hat sich das Bild der Kaiserin seit den „Sissi“-Filmen deutlich verändert. Betrachtet man die beiden frühen Filme „Kaiserin Elisabeth von Österreich“ (1920) und „Elisabeth von Österreich“ (1931), so fällt vor allem auf, dass die kitschige Liebesgeschichte zwischen Sisi und dem Kaiser nur einen geringen Stellenwert einnimmt.
Im Stummfilm von 1920 ist die Verlobungsszene nur wenige Minuten kurz und wird in Form eines Flashbacks präsentiert. Der Kaiser, der zu Besuch in Possenhofen ist, um sich dort mit Elisabeths Schwester Christine (sic!) zu verloben, sieht die junge Prinzessin im Garten ihrer Eltern mit einem Strauß Rosen, verliebt sich in sie, macht ihr einen Antrag, den sie nach einigem Zögern annimmt und dann setzt die eigentliche Haupthandlung wieder ein. Die im Hintergrund kuppelnden Mütter Elisabeths und Franz Josephs tauchen hier gar nicht auf, auch Elisabeths Vater oder die restliche kaiserliche Familie kommen in diesen Szenen nicht vor. „Elisabeth von Österreich“ von 1931 geht noch einen Schritt weiter und präsentiert gleich eine verheiratete Kaiserin in ihren ersten Ehejahren am Wiener Hof.
Erzherzogin Sophie ist zwar in beiden Filmen die Kontrahentin der Kaiserin, doch ist sie hier bei weitem nicht der Drachen, als der sie in den „Sissi“-Filmen und in den Verfilmungen, die danach folgten, oft dargestellt wird. Ihre Motivation ist auch vollkommen anders gelagert. In den frühen Elisabeth-Filmen ist Sophie eher eine Repräsentantin der höfischen Etikette, die von ihrer Schwiegertochter erwartet, dass sie ihre Rolle als Kaiserin erfüllt. Ihr geht es vor allem darum, dass Elisabeth in ihren Augen eine schlechte Kaiserin ist, die sich weigert, dem Protokoll zu folgen und ihren kaiserlichen Pflichten nachzugehen. In den Filmen der Post- „Sissi“-Ära ist das schlechte Verhältnis zwischen der Kaiserin und ihrer Schwiegermutter rein privater Natur. Sophie mag Sisi einfach nicht, sie ist eifersüchtig auf die junge Frau, die sie, die gestrenge und pflichtbewusste Kaisermutter, vom Thron stößt und gleichzeitig (in Sophies Augen) ihrer neuen Rolle als Landesmutter und Repräsentantin der Dynastie absolut nicht gerecht wird und dies auch gar nicht will. Die Erzherzogin erfüllt in diesen Filmen eher die Rolle der bösen Schwieger(Stief-)mutter, gegen die die kindliche Kaiserin trotzig aufbegehrt.
In den älteren Filmen wird sie mehr als konservative Wahrerin der Dynastie dargestellt, deren Antipathie für ihre Schwiegertochter eher politischer denn privater Natur ist. Eine Ausnahme stellt eine Folge aus der „Fall of eagles“-Reihe der BBC, der Film „Death waltz“ aus dem Jahre 1974 dar, in dem etwa die ersten zehn Ehejahre des Kaiserpaares gezeigt werden. Sophie macht Elisabeth an einer Stelle deutlich, dass sie sie nicht hasse, sie im Gegenteil sogar möge, Elisabeth aber aufgrund ihrer Unbeständigkeit und ihrer Ungarn-Liebe eine Gefahr für die Sicherheit der Monarchie darstelle. Damit ist Pamela Browns Darstellung der Erzherzogin weitaus realistischer als die von Vilma Degischer in den „Sissi“-Filmen oder die von Martina Gedeck im „Sisi“-Film von 2009.
Auch die Darstellung der Kaiserin hat sich seit den Marischka-Filmen deutlich geändert. In den älteren Elisabeth-Biographien ist die Kaiserin wesentlich selbstbewusster und emanzipierter als in den neueren Verfilmungen seit 1956. In „Kaiserin Elisabeth von Österreich“ von 1920 lässt Elisabeth einen Kardinal mit der Begründung, sie habe andere (religiöse) Ansichten als er, ungerührt stehen. In „Elisabeth von Österreich“ von 1931 unterbindet sie das Spießrutenlaufen in der kaiserlichen Armee. Der ungarische Spielfilm „Erzsébet királyné“ aus dem Jahre 1940 zeigt eine politische Kaiserin, die leidenschaftlich verspricht, sich für die Belange Ungarns einzusetzen – Kaiser Franz Joseph kommt in diesem Film überhaupt nicht vor. In allen Filmen zieht Elisabeth sich aus Enttäuschung über ihre Ehe in ihr Privatleben zurück, jedoch fällt auf, dass sie in den Filmen ab 1956 doch wesentlich abhängiger von der Liebe ihres Mannes zu sein scheint als in den älteren Produktionen. „Kaiserin Elisabeth von Österreich“ von 1920 zeigt z.B. eine von der Liebe enttäuschte Frau, die sich durchaus bewusst ist, welche Wirkung sie auf die Männer in ihrer Umgebung hat und die sich auch nicht scheut, ihnen die Herzen zu brechen. Dem Kaiser ist sie in den früheren Filmen eher freundschaftlich verbunden, ist aber zu unabhängig vom Wiener Hof, um freiwillig bei ihm zu bleiben. In den neueren Filmen flüchtet sie weniger vor ihrem Mann als vor dem Hofzeremoniell, sie würde ja gerne bei ihm bleiben, aber der „böse“ Wiener Hof würde ihr das Glück ja doch verleiden. Elisabeth erscheint in dieser Hinsicht eher wie ein trotziges Mädchen, dass seinen Willen nicht durchsetzen kann. In den älteren Filmen setzt sie diesen hingegen durch: sie lebt ihr Leben weitestgehend selbstbestimmt und fernab von Wien, auch wenn sie dieser Lebensstil von ihrer Familie entfremdet. Während Elisabeth in den älteren Verfilmungen ihr Leben also selber in die Hand nimmt, so macht die Kaiserin der neueren Filme ihr Lebensglück vor allem von ihrem Mann abhängig.
Eine wirklich gute, dramaturgisch spannende und historisch korrekte Film-Biographie über die Kaiserin fehlt bislang leider, sieht man mal von einigen gutgemachten Doku-Spielen ab. Das Image der zuckersüßen, mädchenhaften Märchenkaiserin, das einst die „Sissi“-Filme Ernst Marischkas prägten, ist die historische Sisi bis heute nicht losgeworden. Die letzte aktuelle Elisabeth-Filmbiographie „Sisi“ aus dem Jahr 2009 ist letzten Endes nichts weiteres als eine Neuverfilmung der „Sissi“-Filme und kommt nicht ohne das „Sisi!“- „Franz!“-Geschmachte zwischen seinen beiden Hauptfiguren aus.
Elisabeth in Filmen über König Ludwig II von Bayern
In den Ludwig II-Filmen wird Elisabeth als Seelenfreundin des melancholischen Bayernkönigs gezeigt. Sie ist ihm intellektuell ebenbürtig, versteht seine Träumereien und steht ihm in Sachen Weltflucht und Schwärmereien in nichts nach, ist sozusagen sein weibliches Pendant. Auch wenn die Intimität dieser Beziehung in den Filmen unterschiedlich dargestellt wird (Käutners „Ludwig II. Glanz und Ende eines Königs“, 1955 und Viscontis „Ludwig II.“ von 1972), so ist Elisabeth doch stets die Einzige, die dem immer weltfremder werdenden Ludwig bis zum Schluss verständnisvoll zur Seite steht, ist sie die einzige Frau, die der König aufrichtig liebt, die aber gleichzeitig als Gattin des Kaisers von Österreich unerreichbar für ihn bleibt. Gleichzeitig ist es eine reine Liebe, die nicht durch körperliche Intimität „beschmutzt“ wird, einerseits, da die Kaiserin verheiratet ist (Käutner), andererseits, da der König homosexuelle Neigungen hat (Visconti). Die gescheiterte Verlobung des Königs mit Elisabeths Schwester Sophie führt zu einem Bruch in der Beziehung, doch bleibt die Kaiserin die Letzte aus der Familie des Königs, die ihm treu zur Seite steht, auch wenn sie sich wie bei Visconti letzten Endes fassungslos lachend mit Ludwigs Wahn konfrontiert sieht.
Elisabeth in Filmen über Mayerling
Filme, die das Thema Mayerling behandeln, zeigen eine reife Kaiserin, die sämtliche zuckersüße Naivität einer Marischka-Sissi abgelegt hat. Die Elisabeth, die hier in der Regel zu sehen ist, führt ein vom Hof abgeschiedenes Leben und befindet sich meist nur für einen kurzen Aufenthalt zwischen zwei Reisen nach England oder Ungarn in Wien. Zu ihrem erwachsenen Sohn hat sie ein distanziertes, aber zärtliches Verhältnis. Rudolf liebt und verehrt seine Mutter abgöttisch, während diese jedoch stets ein wenig abwesend zu sein scheint und lieber in Erinnerungen an ihre eigene glückliche Kindheit oder zukünftigen Reiseplänen schwelgt. Auch hier ist sie jedoch wieder die einzige Person, die Verständnis für die männliche Hauptperson, ihren Sohn, hat. Dennoch tut sie nichts, um sein Unglück zu verhindern. Zu sehr ist sie auf ihre eigenen Interessen und ihr eigenes Unglück fixiert, um Rudolfs Sorgen und Ängste wirklich ernst zu nehmen.
Im Fernsehfilm „Requiem for a crown prince“, den die BBC 1974 im Rahmen der Serie „Fall of eagles“ produzierte, kommt interessanterweise ein lebender Kronprinz überhaupt nicht vor. Der Film behandelt die Geschehnisse im Kaiserhaus nach dem Auffinden der Leichen von Rudolf und Mary Vetsera in Mayerling. Rachel Guerney spielt die Kaiserin überzeugend als Mutter, die den Tod ihres Sohnes zu verkraften hat und gleichzeitig ihre kaiserliche Fassade aufrecht erhalten muss. Als der Kaiser ob der Todesnachricht weinend zusammenbricht, ist sie es, die ihn auffordert, sich zu beruhigen und die bemüht ist, den kaiserlichen Schein zu bewahren. Im Gegensatz zum schwach wirkenden kaiserlichen Vater ist Elisabeth eine starke Mutter, die trotz ihrer ständigen Abwesenheit am Ende die Familie zusammenhält, als diese sich einer Tragödie ausgesetzt sieht. Schließlich jedoch wird sie ihr rastloses Reiseleben fernab vom Hof in Wien wieder aufnehmen und während einer solchen Auslandsreise ermordet werden. „Requiem for a crown prince“ setzt somit die bereits in den klassischen Mayerling-Verfilmungen, die mit dem Auffinden der Leichen enden, angedeuteten Charakterzüge der Kaiserin fort und präsentiert daher wie alle Mayerling-Filme ein ganz anderes Bild der Kaiserin als Mutter als es die meisten Sisi-Biographien tun.
In „Kronprinz Rudolf. Sissis einziger Sohn“ von 2006 spielt Sandra Ceccarelli eine Kaiserin, die dem Bild einer Märchenfee ziemlich nahe kommt. Allerdings ist sie hier nicht die süße Sissi, sondern scheint voll und ganz in ihrer eigenen Traumwelt zu leben, aus der sie ab und zu mal in die Welt der „normalen“ Menschen absteigt, allerdings weniger aus freien Stücken, sondern weil sie sich dem Kaiser in irgendeiner Hinsicht doch verpflichtet fühlt. Sie weiß zwar um die Gefahr, in die Rudolf sich mit seinem liberalen Denken stellt, tut aber letztlich auch nichts, um die Katastrophe zu verhindern und hält sich aus dem Vater-Sohn-Konflikt weitestgehend raus.
Bei dieser Elisabeth könnte man sich nicht vorstellen, dass sie ihrem Kind im Angesicht des Papstes auf dem Markusplatz in Venedig vor Freude weinend in die Arme läuft. Mit ihrer Rolle als Kaiserin hat diese Frau abgeschlossen und sieht sich nur noch als Privatperson, die lediglich sich selbst verpflichtet ist. Durch die ständige räumliche Trennung hat sie sich auch emotional von ihrer Familie und vom Hof distanziert. Das Verhältnis zu ihrem Sohn Rudolf ist weniger eines wie zwischen Mutter und Sohn, vielmehr ist sie wie eine Tante zu ihm. Die Beziehung zu ihrem Mann Franz Joseph ist eher freundschaftlicher Natur, wobei der Kaiser seine Frau zwar liebt und verehrt, jedoch keinen richtigen Draht (mehr) zu ihr hat. Ihre Bedenken nimmt er ebenso wenig ernst wie sie die Sorgen ihres Sohnes.
K.u.K.-Filme
Darüber hinaus taucht die Kaiserin auch in den vor allem in den 1950er Jahren sehr beliebten K.u.K.-Filmen auf. Der Begriff K.u.K.-Film steht hier stellvertretend für alle Filme, die während der Regierungszeit Kaiser Franz Josephs spielen und in denen die (meist fiktive) Handlung in irgendeiner Form mit den Persönlichkeiten des österreichischen Kaiserhaus verbunden ist. Hierbei kann es sich sowohl um Komödien wie auch um Dramen handeln. Interessanterweise kann Kaiser Franz Joseph in diesem Genre, unabhängig von Komödie oder Drama, mehr Auftritte verbuchen als Kaiserin Elisabeth. Lediglich in zwei Filmen, „Kaiserwalzer“ von 1953 und „Königswalzer“ von 1955, tritt die Kaiserin als Nebenfigur in Erscheinung, bei letzterem Titel handelt es sich darüber hinaus um das Remake eines Films von 1935.
Im Drama „Kaiserwalzer“ ist eine erwachsene, desillusionierte Kaiserin zu sehen, die ähnlich wie in den Mayerling-Filmen vom Hof distanziert ist. Da der Film sich um die Liebesgeschichte zwischen einem fiktiven Erzherzog und einer bürgerlichen Lehrerin dreht, kann man die Handlung zeitlich nur schwierig in einen historischen Kontext einordnen. Angesichts der Tatsache, dass Elisabeth in einer Szene das weiße Ballkleid mit dem dazugehörigen Sternenschmuck, in dem sie auch in den berühmten Portrait von Franz Xaver Winterhalter zu sehen ist, trägt, könnte man die Handlung des Films um das Jahr 1865 herum datieren. Die Kaiserin wäre in diesem Film also um die dreißig Jahre alt, was auch in etwa mit dem Alter ihrer Darstellerin Maria Holst zum Entstehungszeitpunkt des Films übereinstimmen würde, die damals 36 Jahre alt war. Auch die restlichen Kostüme lassen auf einen Handlungszeitraum in den sechziger oder siebziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts schließen.
Elisabeth ist hier eine Repräsentantin des Kaiserhauses und des Hofzeremoniells, allerdings wider Willen und besseres Gewissen. Sie ist es, die Erzherzog Ludwig ermahnt, Wien zu verlassen, um mit seinem dortigen Lotterleben abzuschließen und sie ist es, die am Ende die Lehrerin Louise über ihren vermeintlich bürgerlichen Verehrer aufklärt und ihr gleichzeitig eröffnet, dass es für sie beide keine gemeinsame Zukunft geben kann. Beides tut sie aus Rücksicht auf das Ansehen des Kaiserhauses, obwohl sie in beiden Fällen weiß, dass sie eigentlich das Falsche tut. Im Gegensatz zu den Mayerling-Filmen, in denen sie sich aus dem Konflikt zwischen dem Erzherzog und dem Kaiserhaus weitestgehend heraushält, ergreift sie hier die Initiative, allerdings widerwillig und für die Partie der von ihr so verachteten Monarchie. Am Ende ist zwar der Ruf der kaiserlichen Familie gewahrt, das unstandesgemäße Liebespaar muss jedoch getrennte Wege gehen.
Anders verhält es sich mit der Rolle der Kaiserin im Film „Königswalzer“. Dieser Film lässt sich historisch genauer in die Biographie Elisabeths einordnen, spielt doch ihre eigene Verlobung eine bedeutende Rolle im Plot dieses Films, wenn auch der Schwerpunkt eher auf der fiktiven Liebesgeschichte zwischen einem Freund des Kaisers mit einer Konditorentochter liegt. Franz Joseph und Sissi sind bereits verlobt und es gilt nur noch, die Erlaubnis des bayerischen Königs einzuholen, doch diese Erlaubnis wird eben durch die unstandesgemäße Beziehung von Tettenbachs zu Theres immer wieder bedroht. Erst durch Sissis schlaues Eingreifen finden am Ende alle Personen ihr Happy End. Sie ist hier nicht ganz so zuckersüß und naiv wie in den Marischka-Filmen, dennoch finden sich auch in diesem Film eindeutige Elemente der Sissi aus der Trilogie wieder. Sissi ist unendlich in ihren Franz Joseph verliebt, leidet unter der langen Trennung von ihm und überzeugt und versöhnt schließlich alle mit ihrer Schönheit, ihrem mädchenhaften Charme und auch der Raffinesse, mit der sie ihren königlichen Onkel und damit das Hofzeremoniell austrickst. All diese Charaktereigenschaften treffen auch auf die Marischka-Sissi zu und finden sich in allen drei Filmen der „Sissi“-Reihe wieder.
Fazit
Anhand der k.u.k.-Filme lässt sich sehr gut feststellen, dass die Figur der Elisabeth von Österreich in den beiden Filmen, in denen sie innerhalb dieses Genres auftritt, die selbe Rolle einnimmt, wie auch in den anderen Filmen, in denen sie entweder als Haupt- oder Nebenrolle auftritt. Sie ist einerseits die junge, verliebte Prinzessin, die sich nichts mehr wünscht, als mit dem Kaiser glücklich zu werden und andererseits die vom Leben enttäuschte, desillusionierte Kaiserin, die sich vom Wiener Hof entfremdet hat. Zwischen diesen beiden Extremen scheint es, auch in genereller Hinsicht auf das filmische Nachleben der Kaiserin, nicht viel zu geben. Diese Lücken werden zwar von Dokumentarfilmen und Doku-Spielen mitunter geschlossen, in Spielfilmen wird auf sie jedoch wenn überhaupt lediglich ansatzweise eingegangen.
Hier böte sich eher das Format der Serie oder des Mehrteilers an, um das Leben der österreichischen Kaiserin vollständig darzustellen. Mitte der 1990er Jahre gab es sogar Pläne seitens einiger deutscher Rundfunkanstalten in Zusammenarbeit mit dem ORF eine solche Serie zu verwirklichen. Jedoch scheiterte das Projekt bereits vor Beginn der Dreharbeiten. Der offizielle Grund für das „Aus“ waren Textpassagen im Drehbuch, die den Eindruck hätten erwecken können, die Kaiserin wäre lesbisch gewesen. Die Presse berichtete seinerzeit aufbauschend über eine Szene, in der Elisabeth die Hand einer Hofdame wohl etwas länger drückte, als es sich geziemt hätte. Inoffiziell waren jedoch, wenn man innerhalb der damaligen Berichterstattung zwischen den Zeilen lesen konnte, weniger diese „skandalösen Szenen“ als vielmehr senderübergreifendes Machtgerangel und finanzielle Gründe für das Scheitern der geplanten Serie verantwortlich.
Vielleicht wird es eines Tages einen Spielfilm geben, der das gesamte Leben der Kaiserin behandelt, ohne sich nur auf ihre frühe Zeit als unglückliche Märchenprinzessin am Wiener Hof oder ihre reiferen Lebensjahre im Schatten der Mayerling-Tragödie zu beschränken.